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Wissenschaftlicher Bericht

Die Gattung Aulonocara [1]

Diese Gattung, bereits im Jahre 1921 von REGAN aufgestellt, umfasst bis heute drei Arten, A. macrochir TREWAVAS, 1935, A. nyassae REGAN, 1921 und A. rostrata TREWAVAS, 1935. Das besondere Unterscheidungsmerkmal dieser Art sind vier kleine Grübchen, die unterhalb der Augen liegen, und deren Bedeutung wissenschaftlich noch nicht völlig geklärt ist. Man nimmt an, dass sie ähnliche Aufgaben wie die Seitenlinien zu erfüllen haben, nämlich auf gewisse Druckreize anzusprechen. Nach unseren bisherigen Kenntnissen über die Lebensweise der Arten bevorzugen sie Höhlen oder höhlenähnliche Ausbuchtungen; dort benötigen die Tiere möglicherweise diese zusätzlichen Sinnesorgane. Die Gattung ist im Malawi-See endemisch. Da in diese Gattung eine Reihe weiterer Spezies zugehören scheint, deren Erstbeschreibung noch aussteht, kann mit diesen Arbeiten in absehbarer Zeit gerechnet werden.

 

[1] Mayland, Hans J.: Cichliden und Fischzucht. Landbuch-Verlag GmbH, Hannover 1978. S. 163f.

 

Nachstehend ein weiterer sehr interessanter wissenschaftlicher Beitrag vom Malawiexperten Ad Konings:

 

Die Gattung Aulonocara [1]

Eine völlig andere Gruppe Cichliden, die unter Aquarianern als Kaiserbuntbarsche bekannt sind, hat ihre spezifische ökologische Nische in der Übergangszone zwischen Sand und Felsen. Fast alle von ihnen gehören zur Gattung Aulonocara und jede Felsenküste hat ihren Vertreter dieser Gattung. Neuere Untersuchungen haben ergeben, dass Aulonocara eher zu den Mbuna gehören, als zu den größeren Haplochrominen. (Kornfield, pers. Mittl.). Dies könnte ihr verstecktes Verhalten bei der Paarung erklären. Das Ablaichen der Aulonocara findet in Höhlen statt, wie es bei den Mbuna der Fall ist. Sie laichen während des ganzen Jahres ab, und zu jeder Zeit und an jedem Ort innerhalb ihres Verbreitungsgebietes werden Männchen in Brutfärbung beobachtet. Die maximale Größe der aquaristisch bekannten Arten dieser Gattung reicht niemals über 13 cm bei Wildfängen hinaus.

Alle Arten von Aulonocara sind durch ein vergrößertes und verbreitetes Seitenliniensystem (Nervensystem) besonders am Kopf gekennzeichnet. Diese Vergrößerungen der „Ohren“ sind deutlich außer am Fisch als Grübchen und Furchen zu erkennen, besonders an der unteren Hälfte des Kopfes. Auch andere malawische Gattungen schließen Cichliden mit solchen sensitiven Höhrorganen (Sinnesgruben) ein […]. Alle Cichliden, die mit solchen „Ohren“ ausgerüstet sind, benutzen diese Organe als sensitive Detektoren für Futter. Keine von ihnen hat sie als ein verbessertes Warnsystem entwickelt, um Raubfische aus größerer Entfernung auszumachen, wie früher angenommen wurde (Loiselle, 1985). Wäre ein solches Warnsystem nötig, hätte der Cichlide sicher sein Seitenliniensystem auf dem Körper weiter ausgebaut, da dieser viel besser als Empfänger fungieren würde als der Kopf allein, wie es bei einigen Tanganjika-Arten, die über Sand leben, beobachtet wird, z.B. Xenotilapia.

Das natürliche verhalten der Aulonocara liefert die Erklärung für den Zweck dieser sensorischen Vergrößerungen auf dem Kopf. Sowohl die revierbesitzenden Männchen als auch die Weibchen und Jungtiere schweben etwa einen Zentimeter über dem Sandsubstrat. Kein Tier bewegt eine Flosse! Es sieht aus, als wären sie alle eingeschlafen. Von Zeit zu Zeit unterbricht ein plötzlicher Vorstoß in den Sand die „Trance“, in der sich diese fressenden Cichliden über ihrem Nahrungsgrund befinden. Jetzt ist auch klar, warum sich die meisten akustischen Grübchen auf dem unteren Teil des Kopfes befinden. Sie registrieren mit hoher Empfindlichkeit die kleinsten Bewegungen von im Boden lebenden Krebstieren, die im Sand versteckt sind. Sobald ein sich bewegender Wirbellosen entdeckt wurde, sichert ein schneller Biss in den Sand diesen im Maul eines „Kaiserbarsches“. Der Fisch kaut das essbare Material aus dem Maulvoll Sand heraus, der dann durch die Kiemen ausgeschieden oder ausgespuckt wird. Aulonocara ist nicht gebaut, um ständig Sand zu sieben oder zu durchkauen, aber sie könnten gemeinsame Vorfahren mit Lethrinops oder mit Alticorpus haben. Sie könnten das „Zwischenglied“ zwischen den größeren Haplochrominen und den Mbuna darstellen, obwohl sie näher zu den Mbuna stehen als zu ihren angenommenen Vorfahren. Die meisten Aulonocara suchen über Sand außerhalb ihrer Höhlen nach Futter, und zwar tun sie dies tagsüber. Nachts ziehen sie sich in ihre Verstecke zurück wie viele Mbuna. Einige Arten, die nur in Höhlen beobachtet werden, und die vorher den Trematocranus zugeordnet waren, suchen ihre Nahrung im Sand- oder Schlammboden der Höhlen. Diese Arten wurden kürzlich den Aulonocara zugeordnet (Meyer et al., 1987). Andere Arten werden regelmäßig in Höhlen gefunden, und die meisten von ihnen haben auch leicht vergrößerte Sinnesgruben. Jedoch sind die Sinnesgruben bei den höhlenbewohnenden Kaiserbarschen weniger stark vergrößert als bei den anderen Mitgliedern der Gattung. Wenn die Grübchen auf dem Kopf dieser anderen Aulonocara dazu entwickelt wurden, im Dunkeln besser zu „hören“, dann müsste man bei den in Höhlen wohnenden Arten dieser Gattung noch größere Gruben erwarten. Wahrscheinlich stellen die höhlenbewohnenden Arten von Aulonocara einen anderen Zweig dieser Gattung dar, von dem her sich die anderen Species mit den sensitiveren „Ohren“ entwickelt haben. Die Gattung Aulonocara ist groß und enthält zwei verschiedene Artengruppen. Die im Zierfischhandel bekannte Gruppe umfasst kleine Cichliden mit einer Bevorzugung der Übergangszone als Lebensraum. Eine andere Gruppe besteht vorwiegend aus großen Cichliden, von denen drei beschrieben wurden, aber noch weitere bekannt sind (Eccles, pers. Mittl.). Die Arten aus der letztgenannten Gruppe werden über Sand und Schlammboden angetroffen. Diese Gruppe ist zweifellos enger mit den großen Haplochrominen verwandt, als die kleinen und farbenprächtigen Aquarienbewohner. […] Außer dieser Art (A. species trematocranus masinje), die in einer Tiefe von durchschnittlich 30 m lebt, werden alle anderen Arten in weniger als 10 m Tiefe gefunden. Die Angewohnheit, in Höhlen zu wohnen, ist ihnen allen gemeinsam, und manchmal kann man mehr  als ein sexuell aktives Männchen in derselben Höhle beobachten. Große Höhlen können Hunderten dieser Buntbarsche und auch noch anderen Arten Schutz bieten. Für diese Untergruppe müssen die Höhlen eine bestimmte Höhe haben, bevor sie als Unterschlupf und Laichplatz akzeptiert werden. Die Weibchen können jedoch manchmal außerhalb dieser Höhlen angetroffen werden, wo sie über den Sandflecken zwischen den Felsen nach Nahrung suchen. Die Männchen fressen hauptsächlich innerhalb ihrer Reviere, können aber auch ab und zu außerhalb beobachtet werden. Die reifen Weibchen nähern sich dem attraktivsten Männchen und das Ablaichen findet auf dem Boden statt. Die Männchen konstruieren nichts, das einem Nest ähneln könnte. Ein maulbrütendes Weibchen versteckt sich zwischen den Felsen und entlässt seine Brut nach etwa drei Wochen. Nach der Freisetzung kümmert es sich nicht mehr um sie. […]

Die meisten Arten dieser Gattung bewohnen den dritten Typ des Mikrobiotops. Diese Nische wird an der Grenze zwischen Felsen und Sand gefunden. Die Höhlen, die als Unterschlupf benutzt werden, sind auf der Ebene des Sandbodens gelegen. Werden nahrungssuchende Kaiserbarsche dieser Gruppe gestört, suchen sie sofort Schutz zwischen oder unter den Felsen.

 

[1] Ad Konings: Malawicichliden in ihrem natürlichen Lebensraum. Raket B.V., Pijnacker, Holland 1989. S. 190ff.